SV Berlin-Chemie Adlershof Triathlon
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Berlin Marathon

Heikos Bericht:

Jeder Marathon Läufer kennt es – von anderen Marathon Läufern und auch von sich selbst. Kurz vor einem Marathon wird man zum Hypochonder. Jedes noch so kleine Anzeichen wird übertrieben dargestellt und als Vornherein-Ausrede benutzt, warum es beim Marathon eventuell unter Umständen nicht so gut laufen könnte. Zum Teil muss das auch so sein. Gerade in den letzten zwei Wochen vor dem Start regeneriert man ganz aktiv, die Beine lagern Kohlenhydrate und damit auch Wasser ein und fühlen sich von Tag zu Tag müder und schwerer an. Das ist ganz normal.

Nicht normal sind anhaltende Rückenschmerzen über viele Wochen hinweg. Leider traf mich dieses Schicksal dieses Jahr und Arzt und Physiotherapie änderten daran leider überhaupt nichts. Aufgrund dieser Tatsache zeigte auch ich vor dem Marathon das typische Verhalten, was von so vielen Sportlern zum Teil ans unsympathisch empfunden wird – ich hypochondrierte und stellte meine persönlichen Ziele zurück. Trainiert habe ich für eine Zeit von unter 3h, eine Woche vorher glaubte ich nicht mehr daran und korrigierte mich auf das bescheidenere Ziel von neuer persönlicher Bestzeit von unter 3:14:29h.

Zum Glück bin ich aber auch bei meiner 6. Teilnahme beim Berlin Marathon noch kein bisschen dran gewöhnt und total heiß drauf. So wurde ich bereits Tage vorher immer aufgeregter und schnell zerstreuten sich meine Zweifel an mir selbst und an meinem Rücken. Würde er den Marathon gut mitmachen? Egal! Sehr viel half mir für diese Einstellung natürlich auch das Kinesiotape, welches Sophia und Tobias mir 3 Tage vorher anlegten. Dieses ließ einen Teil der Symptome einfach von hier auf jetzt verschwinden. Geheilt war ich nicht, aber zuversichtlich … und heiß!
So kehrte ich glücklicherweise zu meiner eigentlichen Strategie zurück, den Marathon unter 3h finischen zu wollen. Ein letzter kurzer 5km Lauf gemeinsam mit Tobi fühlte sich gut genug an, also stand dem Vorhaben nichts mehr im Wege. Von Freitag zu Sa konnte ich bereits nicht mehr gut schlafen. Sa zu Sonntag schlief ich noch schlechter. Auch das gehört dazu, zu einem großen sportlichen Highlight und wenn ich es mir aussuchen könnte, ich würde es nicht missen wollen.

 

Den Sonntag begann ich dann, wie jeden Wettkampf – total zerstreut. Ich kenne mich und ich sorge vor. So habe ich mir alle Wettkampfklamotten bereits am Vortag fein säuberlich sortiert und zurechtgelegt. Nur nichts vergessen, vor allem nicht den Zeitmesschip. Es wäre nicht das erste mal gewesen. Auch an die Wechselklamotten habe ich gedacht und meine Getränkeflaschen habe ich ordentlich vorbereitet. Zwei Flaschen für Tobi, die er mir an der Strecke reichen kann, drei Flaschen für mich für vorher und nachher. Pulver rein, morgens um 5:30 nur noch Wasser drauf und fertig. Na ja … ich ließ die Flaschen zu Hause, versehentlich. Den Rest hatte ich aber dabei. Das habe ich recht früh gemerkt, die Zeit noch mal umzukehren hatte ich aber nicht mehr. Also hieß es, unterwegs etwas Flüssiges zu kaufen. Gar nicht so einfach, Sonntagmorgen vor 7Uhr. So schwer war es dann aber doch nicht, am Bahnhof Friedrichstraße lässt sich immer etwas kaufen. Von dort lief alles gut. Startvorbereitungen, Kleiderbeutelabgabe, Einfinden im Startblock, das alles ist dann doch schon Routine. Gänsehaut vor dem Start und schließlich ging es mit der ersten Welle auf die Laufstrecke.

 

Ich persönlich mag die erste Startwelle. Ich habe den Berlin Marathon auch schon von deutlich weiter hinten und auch von ganz hinten erlebt. Da läuft man Slalom um Laufgruppen, die in 6er Reihe nebeneinander laufen. Manchmal laufen links und rechts neben dir auch andere Läufer auf diese 6er Reihe auf und bilden zusammen ein entgegen der Laufrichtung stehendes U und du bist mitten drin und kommst nur nach hinten raus. Anders in der ersten Startwelle. Auf die Uhr muss man da kaum gucken, man schwimmt einfach im Bereich einer 3h Pace mit, kaum einer ist schneller, kaum einer ist langsamer. Es kommt ein Flowgefühl auf. Trotzdem musste ich aufpassen, nicht zu schnell in das Rennen zu starten. Gefühlt war ich tatsächlich einer der langsamsten Schnellen, denn meine Strategie hieß auf den ersten 14km ein gedrosseltes Tempo 6s hinter der 3h Pace. Ich fühlte mich gut. Die Beine waren locker, der Rücken unauffällig und mein Körper gierte nach mehr. „Schneller“ rief er mich an, jedes Mal wenn ich auf die Uhr sah und mein Tempo etwas zurück nahm. Schneller! Langsamer! Das Rennen ist lang und nur mit Geduld erreicht man seine Ziele, oder das Ziel. Die Strategie versprach mit eine 3h Zeit, darauf verließ ich mich zu diesem Zeitpunkt noch und genoss das vermeintlich ruhige Tempo und die Stimmung. Es ist selten, dass So morgens in Berlin schon so viel los ist. Party! Dieser
Marathon ist eine einzige Party, es bleibt kein Platz für Verbissenheit. Zwischen km9 und 10 erwartete ich Tobi und Sophia das erste mal, nachdem ich sie an der Siegessäule verpasst habe. Allerdings haben wir uns dort auch beinahe verpasst. Sophia sah mich just in dem Moment, als ich genau neben ihr war.
Keine Chance, noch mein Getränk entgegen zu nehmen. Tobi schnappte sich aber meine Flasche und rannte mir hinterher. Toll, wenn man einen solchen Support genießen darf.

An allen weiteren Treffpunkten lief Tobi ebenfalls ein nicht unerhebliches Stück neben mir und interviewte mich kurz zu meinem Status und hielt mich auf dem Laufenden, was die Hochrechnungen meines Tempos sind. So flog die Strecke an mir vorbei. Kilometer um Kilometer ließ ich hinter mir und fühlte mich den größten Teil der Strecke prima, sodass ich größtenteils meinen Körper das Tempo bestimmen ließ. Damit knabberte ich Sekunde um Sekunde von meiner eigentlichen Rennstrategie ab, wohlwissend, dass ich auf diese Weise nur noch gleichmäßig zu Ende laufen muss und deutlich unter 3h ins Ziel komme. Der Halbzeitstand von 1:29:40 bestätigte dies. An diesem Punkt lag ich bereits 2 Minuten vor meiner Strategievorgabe und wusste, dass ich nur noch mit der 3h Pace zu
Ende laufen muss. Ich bemühte mich also, das Tempo dort zu halten, mein Körper wollte nach wie vor schneller. Im Gleichgewicht zwischen Kopf und Körper fand sich das Tempo immer noch leicht unterhalb der 3h Rennpace ein, ich knabberte also weiter an der Zeit und fühlte mich bei der Hälfte der Strecke gut damit.

Das gute Gefühl hielt bis etwa km34, dort kam der Einbruch, auch wenn er verhältnismäßig gering ausfiel. Ich konnte auf einmal statt der 4:10 bis 4:15 nur noch oberhalb von 4:20 laufen, kurze Zeit später habe ich mit aller Mühe noch eine 4:37 auf der Uhr gehabt und mich bemüht, dieses Tempo nur noch durchzuhalten. Das Ende ist immer schwer und ist es das nicht, läuft man zu langsam. Ich war überrascht, wie plötzlich ich mein Tempo verringern musste, der Mann mit dem Hammer machte seinem Namen wieder alle Ehre. Kurz vorher habe ich noch mit Tobi gequatscht, kurze Zeit später rechnete ich schon im Kopf hoch, welche Zielzeit ich mit dem reduzierten Tempo wohl erreichen könnte. Ich rechnete unter Berücksichtigung mit einem weiteren Tempoverlust mit 3:03-3:05h.
Immer noch eine starke Zeit, aber zu weit weg von dem, was ich mir vorgenommen habe. Der weitere Tempoeinbruch blieb aber glücklicherweise aus, ich konnte das Tempo bis zum Schluss aufrecht halten, sodass nicht nicht ganz so viel Zeit verlor und von meinem Vorsprung auf die 3h Marke zehren konnte. Bei km41 waren dann zwei Dinge glasklar: Ich werde deutlich unterhalb meiner pessimistischen Schätzung von 3:05h bleiben und ich werde trotz Einbruch sehr dicht an der 3h Marke ins Ziel kommen. Also noch mal Zähle zusammen beißen und bis km 42 durchhalten, danach sind es nur noch 200m.

Unter dem Brandenburger Tor dann der Blick auf die Uhr und meine persönliche Gesamtzeit. Ui ui ui, das könnte noch unter 3:01h werden. Dieses letzte Stück zwischen Brandenburger Tor und Ziellinie waren alle Schmerzen weg, alle Strapazenweg, ich spürte genau gar nichts mehr. Immer wieder pendelte der Blick zwischen Uhr und Ziellinie. Wie weit ist es noch? 20s übrig, noch 100m … sind es 100m? Reicht es? Lauf lieber etwas schneller! Während ich das Tempo kontinuierlich erhöhte, schätzte ich immer wieder ab, ob ich die restliche Strecke in der restlichen Zeit schaffen würde. Noch 8 Sekunden! Das schaffst du! Noch schneller! NOCH SCHNELLER! Ich lief laut Messung auf den letzten Metern eine Pace von 3:46min/km und ganz dicht vor dem Ziel dann der letzte Blick auf die Uhr: 3:01h. Nein.

Egal! 3:01:04 ist super! Ich freue mich da riesig drüber und bin keineswegs enttäuscht. Es hätte auch noch ganz anders laufen können und ich freue mich vor allem darüber, dass ich im erforderlichen Leistungsbereich bin, um eine sub-3h Zeit zu Laufen. Diese Minute, die da fehlt, ist nichts und an einem anderen Tag kommt diese von ganz alleine. Sie wird kommen und lange wird es nicht dauern.

Im Ziel erwartete mich Familie Klingner mit meiner wohl verdienten Medaille. Da freute ich mich auch schon drauf. An der Strecke wurde ich schon von Tobi und Sophia begleitet, im Ziel erwarteten mich
die nächsten Freunde.

Auch im Vorfeld haben mir viele Vereinsfreunde viel Erfolg gewünscht und mir die Daumen gedrückt. Auch wenn es nicht ganz gereicht hat, bedanke ich mich herzlichst bei allen, die mich so unterstützt haben. Vielen Dank!

 

Ein spezieller Dank gilt Sophia und Tobi auf ihren MTBs an der Strecke. Ich habe mich von Treffpunkt zu Treffpunkt auf die beiden gefreut und noch kürzer kann subjektiv ein Marathon kaum werden. Auch dafür: Vielen Dank den beiden!

… und nun Beine hochlegen. Eine Woche regenerieren und dann kommen noch mal zwei Wochen regenerieren in Vorbereitung auf den Rügenbrückenmarathon. Nachdem ich dort letztes Jahr mit entzündungshemmender Salbe im Magen so derbe eingebrochen bin, will ich es dieses Jahr dort deutlich besser machen. Die 3h Marke werde ich sicher nicht angreifen, aber unter 3:10 möchte ich dort gerne bleiben. Ich bin gespannt, wie gut mir das gelingen wird.

 

Herzliche Grüße, euer HeikoS

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